Die Sage vom Tiroler Landsknecht
Als zu Zeiten des Landshuter Erbfolgekrieges die Heere von Herzog Georg die Ortenau erreichten, marschierten seine Truppen auch durch die Tore der Reichsstadt Offenburg. Seine Mannen trieben allerlei Unsittliches und Mörderei, welche der Krieg eben so mit sich bringt.
Da Offenburg schon seit der Zeit des Staufer Kaiser Friedrich über zahlreiche unterirdische Gänge und geheime Anlagen verfügte, konnten sich die geschundenen Bürger dem Schauspiel der bayrischen Horden größtenteils entziehen.
Ein Landsknecht vom Inn, aus dem heutigen Lande Tirol, fiel durch seine Kaltblütigkeit und Ketzerei besonders auf. Er schreckte auch nicht davor zurück in der damals schon alten Heiligen-Kreuz-Kirche sich an den sakralen und geweihten Kostbarkeiten zu bedienen. Ein alter Messner gelang es sich noch schnell in einen geheimen Gang unter der Kirche zu retten. Dicht unter der Einstiegsluke horchte er, wie der Landknecht in der Kirche alles kurz und klein schlug.
Die Sorge um seine Kirche lies ihm keine Ruhe. Er packte seinen ganzen Mut zusammen und trat in das Kirchenschiff. Da sah er den baumhohen Landsknecht in seiner Uniform wie dieser mit seiner Hellebarde alles zertrümmerte was ihm in den Weg kam. In einem umgehängten Sack konnte das alte Messnerlein erkennen, dass sich der wüste Kerl auch schon an silbernen und goldenen Gegenständen der Kirche bedient hat.
„Ge, was schaust so deppert?“ fragte der bärtige Fremde den Messner in breitet tiroler Mundart.
„Niemals sollst du deinen Segen mehr bekommen!“ warf der zornige und wütende Messner dem Landknecht entgegen.
In diesem Moment gab es ein ohrenbetäubendes Getöse. Der Landsknecht flog hoch durch die Luft, hinein in den geheimen Gang unter die Kirche. Die Falltür krachte zu. Bei so viel wundersamen Ereignissen wurde es dem Messner ganz schwarz vor Augen und er fiel in Ohnmacht.
Als er am nächsten Morgen erwachte, waren alle Kirchenbänke wieder heil. Die silbernen Leuchter standen wieder an ihrem angestammten Platz und auch der goldene Kelch stand wieder im Tabernakel.
Als nach einiger Zeit des Herzogs Truppen aus der aus Offenburg verschwanden, dachte keiner mehr an den Tiroler Landknecht und seine Taten. Die Bürger der Stadt kamen wieder aus den unterirdischen Anlagen und Gängen und bauten die Stadt wieder auf.
Doch seit dieser Zeit spukte es in nahezu allen Kellern der Stadt. Es rumpelte des Nachts, die Weinfässer trockneten über Nacht aus oder Unordnung zog ein. Auch vermisste Werkzeuge oder Gegenstände verschwanden oder fanden sich erst lange Zeit später wieder in fremden Kellern. Da die Keller und Gewölbe der alten Stadt miteinander verbunden sind, verdächtigten sich einige Bürger gegenseitig des Diebstahls und oft musste der Richter der Sache Herr werden.
So spukte es viele hundert Jahre in der Offenburger Unterwelt. Noch bis in die Zeit, als längst die Eisenbahn Offenburg erreichte, häuften sich die Berichte vom Spuk unter den Straßen und Häusern
Ein junger Kaplan der in diesen Jahren nach Offenburg kam, wurde vom Stadtpfarrer gewarnt, niemals direkt vom Pfarrhaus direkt in die Kirche einzutreten, wenn er nach Mitternacht in die Kirche müsse, sondern stets von der Kittelgasse aus. Es würden unheimliche Dinge passieren, sollte er sich nicht daran halten. Der Kaplan kannte die Abergläubigkeit der Schwarzwälder und glaubte seinem Pfarrer nicht.
Als der Kaplan kurz darauf zur dritte Stunde nach Mitteracht etwas aus der Kirche holen musste, trat dieser direkt aus dem Pfarrhaus über die Straße hinein das Kirchenschiff. Nachdem er die Sakristei verlassen hat, kniete er sich vor dem Kruzifix wie üblich nieder und wollte kurz darauf die Kirche wieder verlassen.
Als er sich umwand stand vor ihm, der Landknecht aus Tirol. Nun stand der junge Kaplan steif vor Angst vor dem riesigen, bärtigen Mann in seiner Landsknechtuniform.
„Ge, was schaust so deppert?“ fuhr ihn der Landsknecht an. Der Kaplan dachte sich, Segen geben kann kein Fehler sein und gab dem Ruhelosen seinen Segen.
Just in diesem Moment krachte es ohrenbetäubend und der Landksnecht verschwand.
Seit dieser Stunde spukte es nie mehr in der Offenburger Unterwelt.
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